Baugeschichte des Limburger Dom

Der Limburger Dom beeindruckt als leuchtende und auf einem hohen Kalkfelsen thronende Kathedralkirche des Bistums Limburg nicht nur tief gläubige Menschen, sondern er zieht alle kulturell interessierten Besucher unweigerlich in seinen Bann. Der katholische „Georgsdom“, wie er nach seinem Schutzpatron Sankt Georg auch genannt wird, steht oberhalb der Altstadt von Limburg an der Lahn neben der um 800 entstandenen Burg und hat als einzige Kirche in Deutschland sieben Türme. Der zweite Schutzpatron ist der heilige Nikolaus von Myra.

 

Es darf angenommen werden, dass es auf dem Limburger Felsen über der Lahn einen oder zwei Vorgängerbauten gegeben hat. Bereits um die Mitte des 9. Jahrhunderts soll hier durch Erzbischof Hetti von Trier (um 800-847) eine vorromanische Kirche eingeweiht worden sein, die heute in der Forschung allgemein als karolingische „Hetti-Kirche“ bezeichnet wird und deren Patron möglicherweise bereits der heilige Georg war, der Ende des 3. Jahrhunderts nach Christus gewirkt haben soll.

Die erste urkundliche Erwähnung einer geplanten frühromanischen Kirche auf dem felsigen Steilufer über der Lahn findet sich in einer am 10. Februar 910 in Frankfurt am Main ausgestellten mittellateinischen Schenkungsurkunde, die heute im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden aufbewahrt wird. Darin vermachte der letzte ostfränkische Karolinger-König Ludwig IV., genannt „das Kind“ (893-911), dem Konradiner Gaugrafen des unteren Niederlahngaus Konrad Kurzbold (um 885/890 bis 948), genannt der Weise, den Königshof Oberbrechen („Brichine“) und die Berger Kirche mit allen dazu gehörenden Rechten und Ländereien sowie der Erlaubnis, diesen für eine Kirche zu verwenden, die Konrad auf einem Berg namens „Lintburk“ erbauen wollte. König Ludwig das Kind folgte damit der Bitte des mächtigen Mainzer Erzbischofs Hatto I. (um 850-913). Die fertiggestellte Georgskirche und das 910 eingerichtete, einem Kloster ähnelnde Limburger Chorherrenstift werden in einer Schenkungsurkunde Kaiser Ottos I. von Ostern 940 erwähnt und 942 von diesem mit Königsschutz belegt.

Am 11. August 1058 wurde ein Neubau der erweiterten Stiftskirche mit Anraum und Chor geweiht. Es handelte sich um eine Pfeilerbasilika mit einem Langhaus und sieben Arkadenöffnungen über sechs quadratischen Pfeilern. Teile des Vorgängerbaus wurden in die Neukonstruktion mit einbezogen, wie 1975 bis 1977 ausgegrabene Reste in den beiden Westtürmen, in der Stirnseite des Nordquerarms, in der Umfassungsmauer des nördlichen Chorumgangs und in der dortigen umlaufenden Sockelbank sowie Fundamentreste unter dem Fußboden zeigten. Förderer des hohen Doms zu Limburg waren nach Konrad Kurzbold und Ludwig IV. (das Kind) König Konrad I. sowie die Kaiser Otto I., Konrad II. und Heinrich IV.

Im letzten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts wurden umfangreiche Umbaumaßnahmen aufgenommen, wobei man den Vorgängerbau inmitten der Baustelle beließ, um weiterhin die Liturgie feiern zu können. Dendrochronologische Untersuchungen ergaben, dass erste Baumaßnahmen bereits um 1180/1190 stattfanden. Nun erhielt die Kirche ihren spätromanischen und frühgotischen Charakter, was aber nicht ohne bauliche Mängel blieb. Die Fenster erhielten Spitzbögen, jedoch die Kreuzrippengewölbe, Strebebögen und die Pfeiler des Mittelschiffs weisen bis heute Unregelmäßigkeiten auf. Im Inneren des Doms findet man sowohl frühromanische als auch frühgotische Elemente nebeneinander, wie zum Beispiel romanische Rundbogengewölbe und gotische spitzbogige Kreuzrippengewölbe. An einigen Wänden sieht man verblasste, aber noch gut erkennbare Fresken aus gotischer Zeit. Durch die größeren Ausmaße der dreischiffigen Emporenbasilika rückte der Neubau noch näher an den steilen Felsabsturz zur Lahn heran.

Nachdem der Bau des Limburger Doms bis 1232 im Wesentlichen abgeschlossen war, konnte der Trierer Erzbischof und Kurfürst Theoderich II. von Wied (um 1170-1242) am 11. August des Jahres 1235 die feierliche Weihe der spätstaufischen Stifts- und Pfarrkirche zelebrieren. Eine Bauzeit von etwas mehr als vierzig Jahren war für mittelalterliche Verhältnisse relativ zügig.

 

Im Lauf der Jahrhunderte wurden am Limburger Dom immer wieder Erneuerungs- und Renovierungsmaßnahmen ausgeführt. Mitte des 13. Jahrhunderts wurden die Obergeschosse der beiden Westtürme gebaut, im 15. Jahrhundert wurde ein spätgotisches Fenster im südlichen Seitenschiff eingesetzt und im Langhaus wurde das Sakramentshaus errichtet. Um das Jahr 1600 wurde der Lettner, die hohe Schranke zwischen dem Raum für Laien und Geistliche, abgerissen und 1609 wurde eine Kanzel im frühbarocken Stil hinzugefügt.

Der Limburger Dom wurde nie zerstört, zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1618 jedoch verwüstet und später von schwedischen Truppen geplündert. Im 18. Jahrhundert gab es laut Inventarliste insgesamt 28 Altäre im Dom. Ein Blitzeinschlag verursachte 1774 einen großen Brand im Dachtragwerk, so dass die Dächer und der Vierungsturmhelm vollständig ersetzt werden mussten. Der Vierungsturm wurde dadurch 6,50 Meter höher. Im Jahr 1777 wurde das Grabmal des Stifters Konrad Kurzbold vom Hochaltar in die Mitte des nördlichen Querhauses versetzt. Von 1749 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche bauliche und farbliche Veränderungen im und am Dom vorgenommen, die dem jeweiligen zeitlichen Stil Rechnung trugen.

Anfang des 19. Jahrhunderts wurden zur Zeit der Säkularisation zahlreiche Klöster aufgelöst und die Kirche verlor ihre Vormachtstellung. Im Jahr 1827 wurde nach rund 900 Jahren auch das Limburger Stift geschlossen und die ehemalige Stiftskirche wurde zum Bischofssitz des neu gegründeten Bistums Limburg. Sie ist seitdem Dom- und Pfarrkirche der Diözese Limburg. Aus der Stiftskirche wurde eine Kathedrale und dem früheren Stiftskapitel mit bis zu 16 Kanonikern folgte das Domkapitel.

In der Zeit von 1863 bis 1865 entstanden nach den Vorbildern der beiden Ecktürme im nördlichen Querhaus zwei weitere Querhaustürme an der Südseite. Im Oktober und November 1955 wurde sämtliches Holzwerk im Dachgeschoss und in den sieben Türmen von einer Braunfelser Firma für Holzschutztechnik gegen Insektenschäden und Pilzbefall mit Wolmanit und Wolmanol behandelt.

Ein im Jahr 1965 aufgetragener Außenputz sollte den weiteren Verfall des Bruchstein-Mauerwerks aus Kalkstein, Schalstein und Tonschiefer verhindern. Von 1968 bis 1972 erhielt der Dom einen neuen farbigen Außenanstrich und von 1975 bis 1977 einen neuen Bodenbelag aus Tonfliesen. In den 1970er bis 1990er Jahren ersetzte man einige Fensterverglasungen durch moderne Werke bedeutender Glaskünstler. Die Glasfenster der Chorobergaden schuf Georg Meistermann († 1990), die in den Querhauskapellen stammen von Professor Dr. h. c. Johannes Schreiter (* 1930) aus Langen und die Fenster der Chormittelachse stellte Hubert Spierling (1925-2018) her. Bis zum Jahr 1991 waren die Restaurierungsarbeiten und die am mittelalterlichen Vorbild orientierte Ausmalung weitgehend abgeschlossen. Von der ursprünglichen Ausstattung des Domes aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts sind das Grabmal des Stifters Konrad Kurzbold und der Taufstein erhalten geblieben.

 

Text:     Dr. Bernd A. Weil
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